Rundbrief 11.14

1. Bundespolitk

Letzten Mittwoch hat der Sachverständigenrat sein Jahresgutachten vorgestellt. Die „5 Wirt­schaftswei­sen“ erklären, dass die deutsche Wirtschaft seit dem Frühjahr stagniertt und 2015 nur um 1% wachsen wird – eine herbe Enttäuschung! Als Gründe nen­nen die Wirt­schaftsweisen neben den internationalen Krisen die Politik der schwarz-roten Regierung mit Rentengeschenken, Mindestlohn und Gängelung der Wirtschaft.

Die Bundesregierung reagiert auf diese Kritik völlig überzogen. Kanzlerin Merkel outet sich als im Hinblick auf wirtschaftlichem Sachverstand völlig unbedarft. „Es ist nicht ganz trivial zu verstehen, wie ein Beschluss, der noch nicht in Kraft ist, jetzt schon die konjunk­turelle Dämpfung hervorrufen kann“. Offenkundig weiß sie nicht, dass Investitionen auf der Basis der künftigen Erwartungen entschieden werden. Die SPD reagiert aggressiv, ihr Finanzexperte Poß entgleist mit der Beschimpfung des Sachverständigenrats, „marktradikale Ideologie“.

Die Bundesregierung sitzt offenkundig mittlerweile in einem Elfenbeinturm und nimmt Hin­weise oder Kritik nicht mehr wahr. Sie ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.

Immerhin wird Deutschland – aus heutiger Sicht – 2015 einen Haushalt ohne Neuver­schul­dung haben. Das ist eine positive Zäsur. Die letzten 45 Jahre war dies nicht der Fall. Bun­des­finanz­minister Schäuble profitiert allerdings von zahlreichen Sondereffekten: Die Steu­er­einnahmen sind auf Rekordstand – durch die Konjunktur und die Steuererhöhungspolitik der Re­gie­rung (Stichwort kalte Progres­sion). Auf der Ausgabenseite helfen ihm die nie­drigen Zinsen massiv – die Entlastung gegenüber dem normalen Zinsniveau von 4% beträgt über 20 Mrd. €. Dann profitiert er von einer Milliardenrückzahlung der EU und seinem Griff in die Sozialkassen: rd. 8 Mrd. € Ausgaben – die Rentengeschenke – finanziert er aus der Sozialversicherung, entgegen der Regel, dass der Staat versicherungsfremde Leistungen bezahlen muss. Außerdem sind nach wie vor die öffentlichen Investitionen geringer als der Verschleiß der Infrastruktur, das heißt Deutschland lebt aus der Substanz.

 

2. Landespolitik

In der Landespolitik zeigt die grün-rote Regierung mit einigen Themen, was bei ihr hoch im Kurs steht: unnötige Sozialleistungen – von Dritten zu bezahlen, Überreglementierung und Ausbau der öffentlichen Betriebe zu Lasten von Handwerk und Mittelstand.

Zum einen geht es um den „Bildungsurlaub“. Die Pläne von Grün-Rot sehen vor, dass jeder Be­schäf­tigte 5 Tage Bildungsurlaub im Jahr nehmen kann. Und obwohl es sich um außer­betrieb­liche, also pri­vate Fortbildung handelt, sollen die Unternehmen diese 5 Tage bezahlen. Dies entspricht bei rund 200 Arbeitstagen einer Lohnerhöhung von 2,5%! Es ist schon dreist; wenn die Landesregierung Geschenke verteilen will, soll sie diese gefälligst selber zahlen!

Das zweite Paradebeispiel ist die geplante Novellierung des Baurechts. Hier gibt es einen reichen Fundus an zusätzlicher Reglementierung: Bei Neu­bauten wird in vielen Fällen eine Dach- oder Fassadenbegrünung vorge­schrieben. Das ver­teuert im Geschoss­woh­nungs­bau die Baukosten um 40 Euro pro Quadrat­meter Wohnfläche. Weiter­hin sind für jede Woh­nung zwei Fahrrad­-Stell­plätze zu schaffen, wetter­ge­schützt, also über­dacht. Abstell­flächen für Rollatoren werden vorge­schrieben. Selbst die Bäcker werden be­dacht: Bäcke­reien mit Kaffeetheken müssen behinder­ten­gerecht zugänglich und ausgestattet sein, und so weiter. Wohlgemerkt, es geht nicht um Sinn oder Unsinn der jeweiligen Bestim­mung, vieles ist positiv zu bewerten. Sondern es geht darum, dass Grün-Rot meint, den Bürgern alles im Detail vorschreiben zu müssen. Das ist die für sie typische Geisteshaltung, die Staats­gläubigkeit, Illibera­li­tät und letztlich Misstrauen zum Bürger ausdrückt.

Eine Folge wird auch sein, dass das Bauen teurer wird und als Folge die Mieten steigen. Wollte die SPD in Berlin nicht Mietsteigerungen durch ihre Mietpreisbremse verhindern??

Ein drittes Vorhaben der Landesregierung benachteiligt Handwerk und Mittelstand. Wo­rum geht es? Die grün-rote Landesregierung plant – mit Unterstützung der CDU – den §102 der Gemeindeordnung zu ändern und die kommunalen Aufgaben zu erweitern. Bislang darf eine Kommune eine Aufgabe außerhalb der allgemeinen Daseinsfürsorge (Gas-, Was­ser-, Elektri­zi­tätsversorgung, Müll etc.) dann nicht wahrnehmen, wenn ein privates Unterneh­men diese Aufgabe zumindest gleich gut leisten kann. Das hat die FDP erst 2005 in der schwarz-gelben Landesregierung durchgesetzt. Diese sinnvolle Regelung möchte Grün-Rot zusammen mit der CDU rückgängig machen. Die FDP ist natürlich für Wettbewerb, dieser muss aber fair sein. Die neue Regelung benach­teiligt Handwerker und mittelständische Dienstleis­tungs­be­triebe. Denn die kommunalen Betriebe haben erhebliche Vorteile wie Quer­subventionierung zwischen Aufgaben, in etlichen Fällen keine oder reduzierte Mehr­wert­steuer-Pflicht, de facto kein Insolvenzrisiko, da der Steuerzahler einspringen muss sowie personelle Verflechtungen zwischen Kommune und kommunalen Betrieben

Hinzu kommt, dass das Bundeskartellamt kommunale Betriebe nicht mehr überwachen darf im Hinblick auf ungerechtfertigt hohe Preise. Diese neue Regelung hat die SPD 2013 im Bundesrat durchgesetzt. Die FDP Ditzingen meint, dass Handwerker und der Mittelstand mit ihrem Fleiß und ihren Innovationen einen wichtigen Beitrag für unser Land leisten. Sie schaffen Arbeits­plätze und zahlen Steuern. Sie müssen sich der Konkurrenz stellen und tun dies auch! Es gibt aber keinen Grund, kommunale Betriebe zu bevorzugen!

 

3: Das Stichwort: Fracking

Das Bundesumweltministerium nennt das Fracking eine Hochrisiko-Technologie. Ins Grü­beln kommt man, wenn man die Meinung von Hans-Joachim Kümpel, Präsident der Bun­desanstalt für Geowissenschaften, liest (Handelsblatt, 1.8. 2014). Er ist quasi der Facharzt, das Bundesumweltamt der Allgemeinarzt. Hier die Originalzitate:

Frage: „Fracking zur Ausbeutung von Gasvorkommen in Schiefergestein ist aber hoch um­stritten. Teilen Sie die Skepsis der Kritiker?“ – Kümpel: „Nein, aus geowissen­schaftlicher Sicht ist die Skepsis unbegründet. Das gilt zumindest dann, wenn man beim Fracking die erforderliche Sorgfalt walten lässt.“ Frage: „Die Kritiker sprechen dagegen von einer Hoch­risikotechnologie. Wie passt das zusammen?“ – Kümpel: „Das passt gar nicht zusammen. Dieser Begriff ist aus meiner Sicht und unter wissenschaftlichen Kriterien einfach falsch. Das Prozedere ist im Bohrgeschäft Routine.“, „In Deutschland findet Fracking in Tiefen von über 1000 Metern statt. …Eine Gefährdung des Trinkwassers lässt sich ausschließen.“, „In den Tiefen, in denen die Frack-Flüssigkeit eingesetzt wird, sind im Wasser zu 20 oder gar 30 Prozent Salze, zudem noch Schwermetalle und andere Stoffe enthalten. Die volkstümliche Meinung, dass das Wasser in diesen Tiefen besonders rein sei, ist ein großes Missverständ­nis.“ „Ich sage Ihnen, es kostet Mühe, wissenschaftliche Argumente zu finden, die gegen das Fracking sprechen. Mit dieser Sichtweise stehe ich nicht allein. Die 16 geologischen Dienste in Deutschland und alle geologischen Dienste in der EU – alles staatliche, inter­essenneutrale Fachbehörden – sehen das ebenso.“

Man muss dem Fracking nicht gleich die Generalabsolution erteilen. Es sollte aber unser Anspruch an Staat, Gesellschaft und das SPD-geführte Bundesumweltministerium sein, in einer solch wichtigen Frage rational und ohne Vorurteile oder Ideologie zu urteilen.

 

Henning Wagner

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