Einwürfe – CO2-Emissionen und Wahlrecht

Henning Wagner

Zum CO2-Ausstoß in Deutschland 2022: Vor 2 Tagen erschien der Bericht des Umweltbundesamtes (UBA). In ihm wird durch geschickte Formulierungen gezielt allein der Sektor Verkehr von Bundesver-kehrsminister Wissing angeprangert. Die Stuttgarter Presse hat dies unkritisch übernommen. Wer die Zahlen genau anschaut, erkennt, dass nicht der Verkehr, sondern die Energiewirtschaft  (überwiegend die Stromerzeugung, Verantwortung von Bundeswirtschaftsminister Habeck) die schlechteste Bilanz aufweist. Dort stieg der CO2-Ausstoß im letzten Jahr um knapp 11 Mio. t, in den letzten 2 Jahren waren es sogar 38 Mio. t. Im Verkehr betrugen die Werte + 1,1 Mio. t im letzten Jahr und + 2,7 Mio. t in den letzten 2 Jahren.

Wissen muss man, dass das Umweltbundesamt von Dirk Messner geleitet wird, der Mitglied der Grünen ist. Er versteht seine Amt offenkundig in einer Weise, dass die Kommunikation des UBA nahtlos und einseitig die Posi-tionen der Grünen wiedergibt. Ein Beispiel: bei der Stickoxid-Diskussion nannte das UBA auf Basis statistisch ermittelter Studien „Tausende Tote" durch Stickoxid. Wenn man diesem statistischen Ansatz anwendet, dann kostet der Atomausstieg durch den vermehrten Einsatz von Kohle und deren Luftverschmutzung ebenfalls 1000 Tote je Jahr. Hierzu gibt es aber keinerlei Äußerung des UBA - warum nicht?
 
Man kann über ein Tempolimit reden. Auch in diesem Zusammenhang fiel das UBA auf. Jahrelang bewerteten Studien als Effekt eines Tempolimits magere 2 Mio. t CO2-Einsparung. Vor einigen Wochen präsentierte das UBA auf einmal eine Studie, die 6,7 Mio. t nannte. Der Anstieg kam aus der Prämisse, dass viele Autofahrer wegen des Tempolimits auf Fahrten verzichten würden. Richtig ist, dass das Bundesverkehrsministerium noch erheb-liche Aufgaben vor sich hat. Unsere Position ist, dass man dafür alle verfügbaren Technologien anwenden sollte und nicht - wie im Fall von Ökosprit - verbieten sollte. Niemand kann heute wissen, wie sich die Techno-logien in den nächsten 10-20 Jahren entwickeln und zu welchen Preisen sie zur Verfügung stehen. Übrigens sind lt. Umfrage des ARD/ZDF-Morgenmagazin 67% der Bundesbürger gegen ein komplettes Verbrennerverbot.

Das Verbot von Technologien ist eines der Grundprobleme des deutschen Konzepts der Energiewende. Obwohl wir viel mehr Geld als andere Länder in unser Energiekonzept investierten und mit die höchsten Strompreise haben, stoßen wir pro Kopf mehr CO2 aus als andere Länder. Gegenüber Frankreich z. Bsp. liegt unser CO2-Ausstoß 50% höher. Dass der Ausstieg aus der Atomkraft extrem klimaschädlich ist, kann man auf dieser Website sehr gut sehen: https://app.electricitymaps.com/zone/DE . Frankreich stößt bei der Stromer-zeugung je Energieeinheit nur 20% unseres Wertes aus, gestern waren es sogar 54 g/kWh zu 496 g/kWh in Deutschland. Durch die Abschaltung der drei letzten AKW in 4 Wochen wird sich das Problem verschärfen.
 
 
Vor kurzem verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen der Ampel das neue Wahlrecht. Unbestritten ist es eine enorme Leistung, dass der Bundestag seine Verkleinerung und Beschränkung auf 630 Mitglieder beschloss. Denn es heißt, dass viele Abgeordnete dafür stimmten, dass sie ihren Sitz im Bundestag verlieren werden.
 
Bedauerlich ist, dass es keine Einigung mit der Union gab. Leider blockiert die CSU - und in ihrem Kiel-wasser die CDU - seit über 10 Jahren jede Reform und unterlief systematisch die Initiativen ihrer Unions-freunde und Bundestagspräsidenten Lammert und Schäuble. Und wenn sie selbst einen Vorschlag machte, dann bevorzugte er stets die CSU und benachteiligte alle anderen Parteien. Die letzte - kleine - Änderung des Bundestagswahlrecht beschloss im übrigen die CDU/CSU-SPD Koalition im Oktober 2020 gegen die Stimmen der Opposition. Ergebnis: die CSU wurde bevorzugt, da drei Überhangmandate nicht ausgeglichen werden...
 
Um die Reduzierung der Bundestagsmitglieder bei unserem personalisierten Verhältniswahlrecht zu erreichen, gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten. Entweder die Zahl der Wahlkreise so stark zu reduzieren, dass auch bei 30% der Stimmen und dem Gewinn der meisten Direktmandate - wie im Fall der CSU - keine Überhang-mandate entstehen werden oder - wie jetzt beschlossen - Direktmandate nur gemäß dem Ergebnis der Zweitstimmen in den Bundestag zu entsenden.
 
Meiner Meinung nach wird das Direktmandat zu hoch bewertet. Denn fast immer gewinnen Kandidaten, die nicht die absolute Mehrheit der Stimmen erreichen, sondern sogar meist nur 20-35% der Stimmen. Das heißt, es stimmten doppelt so viele Wähler gegen sie als für sie. Und wird etwa ein Grünen-Anhänger den direkt gewählten CSU-Bewerber als "seinen Wahlkreis-Vertreter" im Bundestag empfinden?
 
Die Grundmandatsklausel ist ebenfalls fragwürdig. Warum soll eine Partei mit z. Bsp. 2% der Zweitstimmen und drei Direktmandaten komplett in den Bundestag einziehen, wenn dagegen eine Partei mit 4,8% der Zweitstimmen und zwei Direktmandaten nicht einziehen darf?

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