Rundbrief Januar 2017
Kurz vor Weihnachten traf uns der Terroranschlag von Berlin. Er belegt, dass unsere Sicherheitsarchitektur erschreckende Lücken hat. Europa und Deutschland sind zum El Dorado fremder Gesetzesbrecher geworden, vom Kleinkriminellen bis im Extremfall zum islamischen Terroristen. Sie reisen unter dem Vorwand des Asylgesuchs ein und treiben ungestört ihr Spiel. Polizei und Justiz in Europa kooperieren schlecht, Datenbanken werden nicht gepflegt oder sind nicht kompatibel, Identitätsmissbrauch wird nicht verhindert, die Justiz ist milde und für Geheimdienst-Erkenntnisse ist Europa auf CIA und NSA angewiesen.
Fazit: Spätestens seit den Anschlägen in Frankreich und Belgien sind die Aufgaben bekannt. Die Bundesregierung und die Landesregierungen haben wenig getan. Die Flüchtlingswelle hat einen Verlust an Kontrolle und Sicherheit gebracht. Ebenso zeigt sich: Das vorhandene Recht wird nicht umgesetzt. Die Behörden und die Polizei haben gemerkt, wer durchgreift, ist sehr schnell dem Vorwurf ausgesetzt, zu diskriminieren oder inhuman zu sein, Frau Peter lässt grüßen. Eine links-grün-gesinnungsethische Haltung dominiert Politik, Verwaltung und Medien und lähmt uns. Es ist völlig unverständlich, wie Frau Merkel in ihrer Neujahrsansprache zu der Aussage kommt: „Unser Staat tut alles, um seinen Bürgern Sicherheit in Freiheit zu gewährleisten.“
Generell fehlt uns beim Thema Flüchtlinge und Migranten die klare Konzeption. Wir müssen trennen zwischen Migration einerseits und Asyl/Flüchtlingsstatus andererseits. Was unsere Grundhaltung angeht, widerspricht die Ausländerfeindlichkeit unseren Werten. Aber auch die Gesinnungsethik (Wir müssen alle Zuwanderer aufnehmen, wir können die Grenzen gar nicht schützen) führt in die Sackgasse. Wir müssen verantwortungsethisch vorgehen: Wir helfen Menschen in Not, aber unsere Hilfsfähigkeit hat Grenzen. Hilfe kann vor Ort wirksamer sein als in Deutschland. Schutz ist befristet und bedeutet nicht Einwanderung. Wer fortgesetzt kriminell ist, verwirkt sein Aufenthaltsrecht. Und wir brauchen wir eine definierte Zuwanderungspolitik, um die nicht mehr vermeidbaren Folgen des demographischen Wandels auf unser Sozialsystem zumindest zu lindern. Sie basiert praktisch auf einem Vertrag zwischen uns und dem Zuwanderungswilligen. Wenn beide Seiten zustimmen, kommt der Vertrag zustande, sonst nicht.
EU/Brexit: Man kann über die Briten schimpfen; wahrscheinlich schaden sie sich selbst am meisten. Jedoch hat die EU mehr als genug Anlass, den eigenen Zustand kritisch zu betrachten. In der Theorie bedeutet der europäische Wirtschaftsraum („Europäisches TTIP“!) einen klaren Vorteil gegenüber einem System einzelner Staaten. Jedoch: Wer in einem Radrennen das bessere Fahrrad hat (Europäischer Markt), dann aber einen Kasten mit Steinen auf den Gepäckträger stellt (staatsinterventionistische Wirtschaftspolitik) und schwächer in die Pedale tritt (mangelndes Reformstreben), ist dann im Ziel eben hinter dem, der ein schlechteres Fahrrad hat.
Die EU proklamierte, die „wirtschaftlich dynamischste Region der Welt“ zu werden. Die Realität zeigt: die EU-Staaten haben seit Jahren ein schwaches Wachstum, hohe Staatsverschuldung und viele faule Kredite bei ihren Banken. Daher traf sie der „Stresstest“ der Finanzkrise hart. Die EZB verschaffte durch den Aufkauf von Staatsanleihen und Niedrigzinsen eine Atempause. Aber die EU-Staaten nützten die Chance nicht, ihre Hausaufgaben zu machen, Reformen durchzuführen und die faulen Kredite der Banken zu bereinigen. Stattdessen entschieden sie, die erforderlichen Reformen zu verschleppen und weiter selbstzufrieden über ihre Verhältnisse zu leben.
Vor 25 Jahren wurde mit dem Vertrag von Maastricht der Euro auf den Weg gebracht. Kohl, Mitterrand etc. wollten dadurch die politische Union erzwingen. Ihre Sichtweise war rein politisch. Wirtschaftliche Einwände – zuletzt von 62 Ökonomen öffentlich formuliert – wurden ignoriert. Nun ist genau das eingetreten, was die Ökonomen befürchteten: Die wirtschaftlich schwachen Länder können auf eine Krise nicht mit der Abwertung der Währung reagieren, ebenso wenig wollen oder können sie Reformen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit durchsetzen. Die Finanzminister wollten den Grexit, die Regierungschefs haben ihn verhindert. Die EU hat den Stabilitätspakt gebrochen, ebenso den Fiskalpakt. Der Euro spaltet die EU, statt sie zu einen.
Auch bei anderen Themen wie Migration, Demokratieverständnis und in der Außenpolitik werden Risse im Fundament der Union unübersehbar. Die Europa-Gegner werden von Wahl zu Wahl stärker. Fazit: Die EU muss sich grundlegend ändern, um wieder erfolgreich zu werden. Ein „weiter so“ oder ein „noch schneller so“ wären fatal.
Deutschland: Die Arbeitslosigkeit ist niedrig, doch das Wirtschaftswachstum ist seit Jahren bescheiden. Deutschland lebt von früheren Reformen, die große Koalition unter Angela Merkel tut fast nichts dafür, dass es uns in Zukunft gut geht. Der CDU-Wirtschaftsrat (!) zieht in einem Grundsatzpapier Bilanz: „Die historische Chance, unser Land auf allen Ebenen nachhaltig zu konsolidieren, wurde … regelrecht verworfen“ (Welt, 22.5.16). Die Pflegereform erhöht die Leistungen, führt aber ermeut zu höheren Belastungen der Beitragszahler. Bei der Rentendiskussion wird durch eine Argumentation in einer Art Schneeballsystem versucht, die Zahler hinzutricksen zu Nutznießern der Umverteilung.
2017 ist das Jahr der Bundestagswahl. Das große Ziel der Freien Demokraten ist der Wiedereinzug in den Bundestag. Die liberale Position fehlt in entscheidenden Bereichen:
- Bei Flüchtlingen und Migration: Ein verantwortungsethischer Ansatz mit Humanität (befristeter Schutz für Flüchtlinge) und Realismus (Einwanderungsgesetz für gezielte Zuwanderung) statt weltfremde Gesinnungsethik auf der einen Seite und Ausländerfeindlichkeit auf der anderen Seite.
- Wir wollen einen starken, aber schlanken und effizienten Staat. Wir wollen eine leistungsfähige Infrastruktur, ob Straßen, Schiene oder Datenleitung. Die Sicherheit der Bürger muss gewährleistet werden; zugleich müssen die Bürgerrechte im Hinblick auf soziale Medien und Digitalisierung neu verankert werden.
- Beste Bildung heißt mehr Investitionen in die Bildung, Ideologie raus aus den Schulen, Vorrang für die Qualität des Unterrichts, keine Noteninflationierung, keine übertriebene Akademisierung.
- Wir wollen, dass der Staat ausreichend Geld hat, aber sich nicht immer weiter ausbreitet zu Lasten der Bürger. Seit 2005 stiegen die Staatseinnahmen um 50%, dagegen Wirtschaftskraft und Löhne nur um 20%. Wir wollen Steuertarife auf Rädern, um die kalte Progression abzuschaffen, sowie den raschen Auslauf des Soli – wie es versprochen war.
Nun tritt Angela Merkel wieder als Kanzlerkandidatin der CDU/CSU an. Was bedeutet das? Wenn man ihre Politik der letzten 11 Jahren betrachtet, so stellt sich die Erkenntnis ein:
Angela Merkel hat keinen Plan! Merkel braucht ein starkes Korrektiv!!
Sie entwickelt keine Strategien, sondern fährt auf Sicht; Reformen sind Fehlanzeige. In Einzelfällen macht sie Schnellschüsse, so bei der Reaktion auf Fukushima. Vermutlich fiel die Entscheidung in der Flüchtlingskrise ähnlich. Die meisten Krisen sitzt sie aus. Statt Lösungen erhält das Land ihren treuherzigen Blick. Gewiss soll man nicht überstürzt reagieren, aber gar nicht handeln ist keine Lösung!
Was heißt das für die Bundestagswahl 2017? Ohne AfD gibt es als Alternativen:
- Rot-rot-grün: würde die Weichen gegen die soziale Marktwirtschaft stellen, dem Fundament unseres Wohlstandes. Die innere Sicherheit wäre gefährdet. Über die Außenpolitik könnte man nur spekulieren. Übrigens: die Linke und Teile der Grünen (z. Bsp. Grüne Jugend) grenzen sich ebenso wenig von Linksradikalen und Linksextremisten ab wie die AfD von Rechtsradikalen und –extremisten.
- Schwarz-rot: würde fortgesetzten Stillstand bedeuten, ergänzt durch mehr Bürokratie. Der Staat würde immer mehr Finanzkraft an sich reißen und in fragwürdige Projekte stecken.
- Schwarz-grün: im Wesentlichen ähnlich, nur dass zusätzliche bürokratische und extrem teure Symbolaktionen für den Umweltschutz zu erwarten sind.
- Schwarz-gelb oder schwarz-grün-gelb: Aus unserer Sicht die beste Lösung für den Fall eines Wahlerfolgs der Freien Demokraten.
Doch eines ist klar. Nach den Erfahrungen mit Merkel in der Koalition 2009-13 wird die FDP sich nicht wieder über den Tisch ziehen lassen. Wenn eine wesentliche liberale Komponente nicht garantiert ist, wird die FDP in der Opposition bleiben s. Baden-Württemberg.
Die Freien Demokraten hatten mit dem Dreikönigstreffen in Stuttgart einen Jahresauftakt, der viel Hoffnung macht. Vor einem übervollen Großen Haus hielt Christian Lindner eine glänzende und inspirierende Rede. Die FDP wird sich für die Mitte einsetzen, um jedem Einzelnen mehr Freiraum zu verschaffen, sein Leben eigenständig zu gestalten. Wir müssen unser Sozialsystem für die Zukunft fit machen, wir müssen Digitalisierung mutig angehen und beste Bildung erreichen. Das Recht muss durchgesetzt werden, in Deutschland wie in Europa, bei der Flüchtlingspolitik wie beim Euro. Wir wenden uns gegen eine links-grün-gesinnungsethische Grundhaltung in Deutschland. Wir Freien Demokraten stehen für die vernünftige Mitte!