Immobilien -Notstand (Doris Frank im GAZ vom 05.04.2019)

Meine Interessen liegen in der Stadtplanung und -entwicklung, sowie in der Kulturarbeit. Seit ziemlich genau 20 Jahren bin ich in Gerlingen in der Wohnungswirtschaft tätig. Mit großer Sorge beobachte ich in den letzten Jahren, dass immer weniger Wohnungen zum Erwerb, oder zur Vermietung auf dem Markt verfügbar sind.

Von diesem Mangel betroffen sind schon seit längerem nicht nur sozial schwächere Gruppen, der Notstand ist längst in der Mittelschicht angekommen. Insbesondere bei der Wohnungsvermietung macht es betroffen, wie viele Menschen mit tadellosen Unterlagen und Lebensläufen, auf der Strecke bleiben, da nur ein Bewerber die Wohnung beziehen kann.

Als Hauptgründe für die Wohnungssuche und drohende Obdachlosigkeit werden mir immer öfter Eigenbedarfskündigung oder Kündigung wegen Abriss oder Luxussanierung genannt.  Besonders schwierig ist die Situation auch für junge Menschen, die als Berufsanfänger oft überhaupt keine Chancen haben, eine bezahlbare Wohnung für den Start ins eigene Leben zu finden. Am Ende des Dramas um eine Wohnung stehen viele Haustiere, die abgegeben werden müssen und die Tierheime der Region zum Überquellen bringen.

Auch für Familien, die dringend mehr Wohnraum brauchen, ist die Situation wie verfestigt. Wer in Gerlingen bleiben möchte, muss tief in die Tasche greifen – aber auch wer dies könnte, geht oft leer aus, denn der Markt ist wie leergefegt und die beste Finanzierungszusage der Hausbank nützt rein gar nichts, wenn kein passendes Kaufobjekt vorhanden ist.

Kurzum: Wohnraum wurde nicht nur in Gerlingen ein knappes Gut – und damit nach den Gesetzen des Marktes: teuer.

Dramatisch verschlimmert hat sich die Situation jedoch, nachdem die Politik eine Reglementierung des Marktes durchführte. Mit Einführung der sogenannten Mietpreisbremse erreichte man genau das Gegenteil: Die Menschen waren entweder nicht mehr bereit, überhaupt zu vermieten oder die Bestimmungen mit ein paar billigen Selbstaufbaumöbeln zu umgehen. So konnte man plötzlich „möblierte“ Wohnungen zu Preisen im Angebot sehen, da konnte dem Betrachter nur noch schwindelig werden. Wen wundert es, dass auf einmal Rufe nach Kontrolle und Enteignung zu hören waren.

Wenn ich nun die Entwicklung der letzten 20 Jahre in Gerlingen betrachte, ist es natürlich sehr erfreulich, dass viele Familien sich wünschen, hier zu leben. Gebaut wurde viel in dieser Zeit, die zu nutzende Wohnfläche pro Einwohner hat sich deutlich vergrößert. Die Wohnqualität ist gestiegen und hier ist der Punkt, der Besonnenheit und die richtigen Signale der Politik erfordert.

Wir brauchen im Bereich der Wohnungswirtschaft und auch im Mietrecht keine Neidpolitik, sondern sinnvolle Ansätze, die faire Grundlagen schaffen soll. Viele Vermieter sind Privatleute, die die Finanzierung der vermieteten Immobilie stemmen. Die geplante Reform der Grundsteuer, wie sie derzeit diskutiert wird, belastet, den Wohnungsmarkt insgesamt bereits im Vorfeld auf das Neue.

Die Situation hat sich über viele Jahre hinweg aufgebaut und es wird auch viele Jahre dauern, diese wieder in eine andere Richtung zu bringen. Eine städtische behutsame Nachverdichtung ist nach wie vor anzustreben. Die Vermietung von Eigentum muss nach wie vor freiwillig bleiben. Alle politischen Überlegungen, einen Zwang zur Vermietung von Wohnraum zu erzeugen, werden genau das Gegenteil bewirken. Viele Menschen sind dazuhin verunsichert, ob sie den Anforderungen des Mietrechts und der Energieeinsparverordnung Genüge leisten können, Beratung und Förderung ist notwendig. Die Politik sollte alles daransetzen, die Vermietung von Wohnraum wieder attraktiver zu gestalten. Nur so besteht die Chance, so manchen Leerstand wieder auf den Markt zu bringen.

 

 

 

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