Haushaltsrede 2021

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Schäfer, sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, sehr geehrte Damen und Herren der Presse, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats, liebe Hemminger Mitbürgerinnen und Mitbürger,

vielleicht erinnern Sie sich: Heute vor einem Jahr war der Blick auf das erwartete Haushaltsjahr 2020 gedämpft- mit prognostizierten 1,3 Millionen € Fehlbetrag. Zähneknirschend haben wir das damals geschluckt, immerhin mit einem Funken Hoffnung, dass es vielleicht doch besser kommen könnte. 

Wie sich doch die Zeiten geändert haben. Die Pandemie kam über uns, anfangs schleichend und inzwischen mit Macht. Als wir am 26. Februar letzten Jahres unser Aschermittwochs-Heringsessen feierten, gab es schon die ersten Mahnungen, vielleicht doch das Händeschütteln zu lassen. Am darauffolgenden Freitag hätten wir das Heringsessen bereits abgesagt, aus Furcht vor Ansteckungen. 

Wir alle kennen den weiteren Verlauf, in Hemmingen und überall, der das Jahr 2020 geprägt hat – und uns immer noch in Atem hält. Er verlangt uns allen eine Menge ab und eben auch dem Hemminger Haushalt, um den es heute geht.

Im Jahr 2020 hat uns die Corona- Pandemie ein tiefes Loch von prognostizierten 4,5 Millionen € in den Gemeindehaushalt gerissen. Sie erinnern sich- die Prognose hieß 1,3 Millionen €. Selbst Pessimisten wurden überboten! Da die Pandemie noch bei Weitem nicht im Griff ist, fängt das Jahr 2021 wieder defizitär an, nur noch schlimmer.

Niemand konnte erwarten, dass wir ungeschoren davonkommen. Trotzdem wollen wir natürlich genau wissen, wie die aktuell erwartete Haushaltssituation ist und ob wir alles tun, um den Schaden so gering wie möglich zu halten. 

In der aktuellen Prognose spricht unsere Finanzverwaltung von einem Fehlbetrag von 5,5 Millionen € in diesem Jahr. Konkrete Ursachen dafür sind einerseits der erhebliche Rückgang der Gewerbe- und Einkommenssteuer und andererseits die hohen Ausgleichszahlungen an Land und Landkreis. Erheblich ausgabewirksam sind darüber hinaus die gerade in den letzten Jahren immer weiter angewachsenen, signifikanten Personalkosten der Gemeinde.

Während in früheren Jahren stets erkleckliche Gewerbesteuereinnahmen unseren Haushalt positiv prägten, prägen ihn heute eher diese letztgenannten Kosten in die andere Richtung..So machen allein die Ausgleichszahlungen und die Personalkosten etwa je 1/3, in der Summe rund 2/3 unserer Ausgaben aus. Wobei festzustellen ist-  Ausgleichszahlungen schwanken je nach Finanzlage der Gemeinde im vorvergangenen Jahr, die Personalkosten jedoch sind ein fester und dazu anwachsender Posten.

Aber, man muss es ganz klar sagen, wir wollten in Hemmingen Bauplätze für Familien mit Kindern und natürlich ist dann die Folge, dass ebendiese Kinder auch Kindergartenplätze brauchen. Daraus folgt die Notwendigkeit einen neuen Kindergarten mit 4 Gruppen in der Laurentiusstraße und eine Natur- Kita- Gruppe zu errichten. Das ist ohne entsprechend qualifiziertes Personal nicht möglich.

In Zahlen kann man dann sehen, dass im Ergebnishaushalt den ordentlichen Erträgen von rund 17 Millionen €    Aufwendungen von rund 23 Millionen € gegenüberstehen. Die rund 6 Millionen € Defizit werden durch ein Sonderergebnis von 570 000 € auf die bereits genannten 5,5 Millionen € reduziert. 

Leider wissen wir heute nicht, ob es dabei bleibt. Das geht in der Pandemie allen so. Wir sitzen alle in einem Boot, das in schwerem Wetter auf Sicht fährt und insgesamt mit einer Menge Kapitäne, die sich Mühe geben, den richtigen Kurs zu finden. Das Virus kann sie jederzeit zu einem harten Kurswechsel zwingen. Sagen wir es doch ganz offen: die genannten ordentlichen Erträge stellen einen Schätzbetrag dar, der ohne Weiteres auch nach unten gehen kann.

Nachdem Mitte März der allgemeine Lockdown ausgerufen worden war, beschlossen in seltener Einmütigkeit alle Gemeinderätinnen und Gemeinderäte das Einfrieren der geplanten Vorhaben für das Jahr 2020 und folgende, bis auf diejenigen, die absolut unumgänglich waren und sind. Wir haben  diese Haushaltsposten in der Corona-Krise noch einmal auf Einsparmöglichkeiten durchforstet. Am Ende haben wir wirklich nur das vereinbart, was das akzeptable Minimum darstellt.

So wird ein neuer Bauhof gebaut werden, ebenso ein neuer Kindergarten in der Laurentiusstraße und ein Waldkindergarten für die Natur-Kita-Gruppe. Letzterer scheint wie ein Luxus, ist es aber nicht. Tatsächlich ist er sogar weniger aufwändig als entsprechende Gebäude. 

Auch die Planungen für die Sanierung und Renovierung der Glemstalschule werden im Rahmen des Gemeinde Verwaltungs Verbandes selbstverständlich weiterlaufen. Bei diesem auch für Hemmingen sehr teuren Bauvorhaben müssen wir in besonderem Maße auf Kostenkontrolle und Termintreue achten.

Im Bereich der Vereinsarbeit wird die Jugendförderung erhöht werden.

Neue Fahrzeuge für Bauhof und Feuerwehr sind notwendig und fest eingeplant. Auch bei der  Sanierung von Straßen und Plätzen wird nur das unbedingt Erforderliche zu verwirklichen sein. Alles andere muss in die Folgejahre geschoben werden. 

In naher Zukunft müssen wir trotz aller Sparnotwendigkeit als Gemeinde in die Planung der Erstellung von sozialen Wohnungen in der Goethestraße und in die Wiederbelegung der Grabstellen im Alten Friedhof einsteigen.

All die genannten Vorhaben stellen zusammen bis einschließlich 2024 ein Investitionsvolumen von 21,4 Millionen € dar.

Darüber hinaus gibt es Überlegungen, die alte Sporthalle zu renovieren, was mit etwa 2,2 Millionen € zu Buche schlagen würde. Wir halten diese Ausgabe für derzeit nicht machbar. Erfreulicherweise gibt es auch unter den aktuellen Nutzern die Bereitschaft, diese Renovierung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

In diesem und den kommenden Jahren kommen wir in die Lage, dass uns das Sprichwort „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ sehr nah rückt. Wir haben uns in den vergangenen Jahren daran gehalten. Manchmal haben wir dafür Kämpfe austragen und Kritik ertragen müssen. Schließlich gibt es jenseits unserer symbolisch gemeinten Stadtmauern so viele Beispiele einer Großzügigkeit beim Ausgeben und beim Schuldenmachen. Das erleben wir auch heute wieder. Natürlich gibt es dafür immer reichlich Gründe. Vernunft ist oft anstrengend. Aber am Ende lohnt es sich, mit dem Geld, in dem Fall unser aller Geld, verantwortungsvoll und sparsam umzugehen. 

Und so kommt es, dass wir heute in Hemmingen feststellen können, dass genau diese unsere angesparten Rücklagen unseren Gemeindehaushalt in erheblichem Maße durch die nächsten 2 Jahre tragen, bevor 2023 Kredite aufgenommen werden müssen. Vielleicht erschließt sich auch unserem dienstältesten SPD-Gemeinderat jetzt der Sinn dieser Rücklagen, den er ja immer so vehement angezweifelt hat.

Als Hilfe erweist sich jetzt auch, dass unsere Gemeindeverwaltung und der Gemeinderat in vielen Bereichen gemeinsam „am Ball“ geblieben sind und zum Beispiel unsere Schulen zu den am besten digital ausgestatteten im Kreis gehören.

Aber es muss natürlich auch festgestellt werden, dass es Geld kostet, immer auf Stand zu bleiben. Und man kann auch nicht sagen, dass unsere Ansprüche kleiner werden- ergo steigen in vielen Bereichen die Kosten. Und wo höhere Kosten entstehen, steigen in Folge auch Gebühren, die die jeweiligen Nutzer mittragen müssen. Dies muss jedem klar sein, der immer höhere Anforderungen an unsere öffentlichen Institutionen und Einrichtungen stellt. 

Unser Staat - und hier meine ich unsere Gemeinde - kann sicher vieles, aber er oder sie kann nicht alles leisten und bezahlen. Es muss ja nicht gleich mit Kennedys „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern, was du für dein Land tun kannst“ sein, aber ein wenig in diese Richtung zu denken, ist in der aktuellen Lage vielleicht doch angebracht.                                                                    

Und es fällt mir und anderen nicht leicht, aber wir werden zum wiederholten Mal die Freiwilligkeitsleistungen der Gemeinde durchforsten müssen, da allein schon die Pflichtaufgaben den Haushalt in diesem und den Folgejahren bis an seine Grenzen fordern. 

Man muss sich nur einmal vorstellen, die Gemeinde hätte kein Geld mehr, die Gehälter ihrer  Mitarbeiter zu bezahlen. Ich denke, in diesem Punkt sollten wir uns einig sein: wir dürfen der nachfolgenden Generation auf keinen Fall die Folgen eines schlechten Wirtschaftens hinterlassen.

Leider waren die Wirtschaftsdaten unserer heimischen Industrie schon vor der Pandemie nicht berauschend. Wir können nur hoffen und uns dafür einsetzen, dass die Kreativität der Menschen in allen Bereichen maximal freigesetzt wird. Das bedeutet: Schaffen von Rahmenbedingungen und Leitplanken zur Erreichung der wichtigen Ziele und eben nicht, Kreativität durch engstirnige Bevormundung abzuwürgen, und dabei auch noch Steuergelder zu verschleudern.

Hoffen wir, dass es bald gelingt, die Pandemie einzufangen. Leider sind die Chancen nach dem schleppenden Impfstart gar nicht so rosig wie erhofft und es wird jetzt schon von Ende September als Zeitpunkt gesprochen, bis zu dem jeder, der es möchte, einen Impftermin bekommen kann. Dabei hoffen wir, dass das Impfen wie geplant wirkt und nicht die Mutationen alles noch erheblich schlimmer machen. 

Aber ganz egal: Es gilt, mit dieser Situation weiterhin geduldig umzugehen und alles zu tun, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Dass wir in Hemmingen bisher relativ unbeschadet durch die Pandemie gekommen sind, ist erfreulich. Dafür möchte ich den Hemmingerinnen und Hemmingern, die mit ihrem vernünftigen Verhalten sehr viel dazu beigetragen haben, ein dickes Dankeschön aussprechen.

Interessant finde ich den Schwieberdinger Corona- Schutz  Vier- Punkte- Plan, der einige pragmatische Maßnahmen gegen Corona beinhaltet. So sieht er CO2 Ampeln für die örtlichen Schulen vor, was wir für Hemmingen auch beschlossen haben. Auch hat man in Schwieberdingen  für ältere Menschen mit einigem Aufwand eine Corona- Impfhilfe eingerichtet. Darüber hinaus – und auch das verdient besondere Anerkennung – wird eine örtliche Schnelltestgruppe ins Leben gerufen für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Gemeinde und der freiwilligen Feuerwehr. Eine bescheidenere Variante, nämlich Schnelltests vor Ort für Lehrer und Lehrerinnen, sowie Erzieher und Erzieherinnen, fand in Hemmingen keine Resonanz. Die Begründung war, dass man sich ja im neuen Testzentrum in Ludwigsburg testen lassen könne. Kann es sein, dass man in Schwieberdingen die Lage ernster einschätzt als in Hemmingen?

Vor vielen Jahren hat mich ein Zitat von Voltaire sehr beeindruckt: „Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen.“ Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, dass ich es sinngemäß einmal auf mich anwenden könnte. Aber in diesem Jahr war es der Fall- ich durfte als FDP Gemeinderätin zum ersten Mal nach 11 Jahren keine eigenen Anträge einbringen und benötigte 2 Mitstreiter für jeden Antrag. Ich danke meinen Mitstreitern beim CO2 Ampel Antrag Jörg Haspel und Markus Walker und beim Antrag auf Schnelltests für erziehende und lehrende Personen Elke Kogler und Ralf Horwath für ihre Unterstützung und die konstruktive, überparteiliche Zusammenarbeit.

Aber zurück zu dem Voltaire- Ausspruch- beeindruckt und sehr gefreut hat mich die Aussage von Günther Ramsaier, der mich anrief und mir sagte, er könne mit meinen Anträgen ja nicht so viel anfangen, aber er sei bereit, mich zu unterstützen, weil er es als wichtig ansähe, dass ich sie einreichen dürfe.

Abschließend würde ich mich sehr freuen, wenn in unserem Gemeinderat die Atmosphäre wieder friedlicher würde und Hemmingen nicht mehr als Synonym für einen streitenden Gemeinderat stünde, wie ich es kürzlich in einer Zeitung las.  Ich denke, wir wollen alle, Gemeinderätinnen, Gemeinderäte und Verwaltung, das Beste für die Hemminger Bürgerinnen und Bürger und sollten für dieses Ziel vertrauensvoll miteinander und nicht gegeneinander arbeiten.

Wir sind in Hemmingen gut aufgestellt mit einer engagierten und kompetenten Gemeindeverwaltung und einem überaus regen Gemeinderat. Jeder versucht das aus seiner Sicht Beste für die Gemeinde zu erreichen. Wir, und hier spreche ich für die FDP Hemmingen, sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit unserer Hemminger Bevölkerung die Corona Pandemie überstehen und die neue Situation meistern werden. Schon im täglichen Verhalten kann jeder seinen Teil dazu beitragen, dass die Infektionszahlen sehr gering bleiben. Wir alle sind gefragt- packen wir´s an!

Anpacken tun es jetzt schon viele, die sich ehrenamtlich in unserer Gemeinde um ihre Mitbürger bemühen- um Kinder, um Jugendliche, um ältere Mitbürger, um Kranke oder um Flüchtlinge. Sie alle machen unser Hemmingen zur lebens- und liebenswerten Heimat und wir danken ihnen von ganzem Herzen für ihr Engagement.

Ihnen, Herr Bürgermeister Schäfer, unserer Kämmerin Frau Pfisterer und allen weiteren beteiligten Personen der Gemeindeverwaltung danke ich zum Abschluss der Haushaltsberatungen für die Erstellung des enorm umfangreichen Zahlenwerks, das der Haushaltsplan der Gemeinde darstellt. Wie angenehm, dass Ihnen dieses in verständlicher Form gelungen ist. 

Der daraus abgeleitete, mehrheitlich zu beschließende Haushalt ist das Ergebnis einer realistischen und engagierten Zusammenarbeit von Bürgermeister, Verwaltung und Gemeinderat im Interesse von Hemmingen und seinen Bürgerinnen und Bürgern. Dafür Dank an alle Beteiligten. 

Die FDP stimmt dem Haushalt 2021 und den Wirtschaftsplänen Wasser und Abwasser zu.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und

bleiben Sie gesund!

Barbara von Rotberg

Interessierte können die Rede auch anschauen unter:  https://a153560.jupiter.1blu.de/data/public/41fff3.php

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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