Haushaltsrede von Stadtrat Joachim Blank, FDP

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kürner,
sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung, sehr geehrte Damen und Herren,

das Jahr 2021 geht nun bald seinem Ende entgegen, und resümierend müssen wir feststellen, dass auch weiterhin große Herausforderungen vor uns liegen. Die Corona-Pandemie ist nach beinahe zwei Jahren noch lange nicht Geschichte und zwingt uns auch künftig zu notwendiger Vorsicht und den damit verbundenen Einschränkungen.

Die Last ist hierbei nicht unbedingt gleich verteilt. Auch bei uns in der Stadt kämpfen insbesondere Menschen in der Pflege mit enormer Arbeitsbelastung und teilweise chaotischen Bedingungen. Auch bei uns müssen zahlreiche Wirtschaftszweige, darunter beispielsweise die Gastronomie, weiterhin Beschränkungen hinnehmen – Beschränkungen, die Arbeitsplätze und damit das Einkommen von zahlreichen Familien gefährden. Zudem leiden unsere Kinder und Jugendlichen unter pandemiebedingt organisatorischen Schwierigkeiten im Rahmen ihrer Ausbildung, die oftmals auch jetzt noch nicht in gleichem Maße wie zuvor stattfinden kann. Ausgleichende Möglichkeiten durch Angebote unserer Vereine sind nur schwierig zu realisieren – und die Vereine leiden ebenfalls unter der schwierigen Situation. Der „sinnvolle rote Faden“, welchen man sich seitens der Politik von Bund und Land bei der Bewältigung der Pandemie wünscht, ist oftmals nur schlecht zu erkennen.

Doch Corona macht kommunalpolitisch nur deutlich schwieriger, was auch zuvor schon eine Herausforderung war. Zahlreiche Themen liegen vor uns auf dem Tisch und warten gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt, die uns ihr Vertrauen geschenkt haben, darauf, dass wir – Verwaltung und Gemeinderat – diese zum Wohle der Stadt angehen.

Im Rahmen der Haushaltsberatungen für das Jahr 2022 haben wir uns wie das Jahr zuvor in der Haushaltsstrukturkommission zusammengesetzt, um einen Weg für die Entwicklung der Stadt und die Bearbeitung zahlreicher offener Baustellen zu finden. Der „worst case“, die schlimmste Befürchtung bezüglich der Finanzen, ist im vergangenen Jahr glücklicherweise nicht eingetreten – dank finanzieller Pandemie-Unterstützung der Kommunen durch Bund und Land, einer stabilen Gewerbesteuer und das vorsichtige Handeln der städtischen Verantwortlichen konnten wir das Jahr 2021 glimpflicher abschließen als zunächst befürchtet. Angesichts der Unsicherheiten der kommenden Jahre ist dies aber auch dringend nötig, denn die bevorstehenden Aufgaben sind umfangreich. Die Schwierigkeiten, auf die wir hier treffen, möchte ich anhand einiger ausgewählter Themen erläutern:

Einer der dringendsten Punkte ist weiterhin der Ausbau des Betreuungsangebotes für unsere Kinder – es fehlen nicht nur perspektivisch, sondern ganz akut Kindergartenplätze. Die Demografie lässt an dieser Stelle – zum Glück, muss man sagen, denn steigende Kinderzahlen sind zurecht ein Grund zu Freude – für die kommenden Jahre zunächst auch keine Entwarnung in dieser Sache zu. Während sich die große Politik allerdings sehr leicht beim Beschließen von Rechtsansprüchen auf Betreuungsplätze tut, werden die Kommunen dann weitgehend mit der Arbeit an sich allein gelassen. Die Planung neuer Kindergärten und Kindertagesstätten ist sowohl haushaltstechnisch als auch organisatorisch einer der großen Punkte auf unserer Agenda. Bei derartigen Summen muss akribisch geprüft und geplant werden, denn allzu schnell führen zu leicht gemachten Entscheidungen zu grundlegenden Planungsproblemen und letztlich sogar zur Unmöglichkeit der Realisierung solcher Projekte. Jedoch ist Zeit für lange Prüfungen und Diskussionen eigentlich gar nicht vorhanden, denn selbst schnelle Entscheidungen liefern uns nicht gleich die Betreuungsplätze ins Haus – Standortsuche, gegebenenfalls benötigte Interimslösungen, organisatorische Planung der Betreuung hinsichtlich Ganztagesangebot und Essensversorgung, Bauplanung und Realisierung müssen ganzheitlich betrachtet werden und erfordern nun einmal ihre Zeit.

Während wir bei der Kindertagesstätte am Nonnenpfad trotz einiger im Vorfeld in mehreren Runden zu klärenden Themen nun glücklicherweise vorankommen, ist der ein oder andere eigentlich ebenfalls geplante Standort noch lange keine beschlossene Sache. Ich werde später auf die meiner Meinung nach hierfür verantwortlichen Gründe noch zu sprechen kommen.

Ein weiteres Thema, bei dem es gefühlt „nicht so wirklich voran“ geht, ist die Verkehrs- und Stadtentwicklung. Ein wesentliches strategisches und von uns beschlossenes Ziel ist die Schaffung von Wohnraum, und auch im Bereich Verkehr haben wir von der für zahlreiche Bürgerinnen und Bürger belastenden Verkehrslärmsituation bis hin zum Ausbau der Radwege noch eine große Agenda abzuarbeiten.

Während ein motiviertes und gut ausgearbeitetes Radwegekonzept bereits vorliegt, leiden die Menschen beim Thema Verkehr besonders unter der langsamen Abarbeitung. Hierfür ist nicht immer die Stadtverwaltung verantwortlich – bei den meisten Fragen beispielsweise zu den Themen Geschwindigkeit, Verkehrslärm und Verkehrsführung zeichnet das Landratsamt Ludwigsburg mit seiner für uns zuständigen Unteren Verkehrsbehörde verantwortlich – und dort mahlen die Mühlen wahrlich nicht am schnellsten. Aufgabe der Stadt – unsere Aufgabe – ist jedoch, hier nicht nachzulassen und die oftmals bereits diskutierten Ansätze und Lösungsmöglichkeiten für verkehrstechnische Probleme deutlich hörbar und immer wieder dort zu platzieren. Nur, wer wahrgenommen wird, kann Impulse setzen! Und oftmals können auch kleinere, direkt durchführbare Maßnahmen ein Schritt in die richtige Richtung sein – während zum Beispiel ein 40km/h-Tempolimit zur Beruhigung des Verkehrs auf Durchgangsstraßen sicher nicht ohne die Verkehrsbehörde umgesetzt werden kann, helfen gut platzierte Abstellbügel für Fahrräder oder die Auflösung unbefriedigender Enden von Radstreifen und Radwegen bereits gut.

In jedem Fall müssen wir uns deutlich für ein Gesamt-Verkehrskonzept einsetzen, welches nicht einzelne am Verkehr teilnehmenden Gruppen leichtfertig übergeht oder sogar gegeneinander ausspielt, sondern ein respektvolles Miteinander der Verkehrsteilnehmer möglich macht. Dieser Konsensgedanke ist Kernbestandteil der Verkehrspolitik der FDP und auch für Markgröningen sicher die richtige Wahl. Einzelne Verkehrsthemen müssen ganzheitlich betrachtet werden, ob beispielsweise eine projektierte Umgehungsstraße Verkehr tatsächlich in geplantem Maße aus der Innenstadt fernhalten kann oder weiteren Verkehr sogar induziert, kann nur eine umfassende und nicht etwa eine isolierte Projektion des möglichen Verkehrs auf allen Verkehrswegen sagen.

Die Stadtentwicklung und insbesondere das Schaffen von Wohnraum ist stets an bauliche Veränderungen in der Stadt geknüpft. Bauträgern, Investoren und insbesondere privaten Bauherren müssen realistische Möglichkeiten eingeräumt werden, Projekte zu entwickeln und in angemessener Zeit umzusetzen. Die Stadt Markgröningen muss Leitplanken für eine gute und gewünschte Entwicklung auf der Gemarkung beispielsweise in Form von Bebauungsplänen und der sinnvollen Fortschreibung des Flächennutzungsplanes vorgeben, ohne die Bauwilligen in ein zu enges Korsett zu zwängen oder unrealistische Anforderungen zu stellen. Ein Quartier, welches sich aufgrund zwar gut gemeinter, jedoch unrealistischer Anforderungen durch uns beispielsweise in Bezug auf Bebauungsdichte, Geschosshöhe, Wohnungsanzahl oder den Stellplatzschlüssel als völlig unrentabel für den Bauträger oder den privaten Bauherren erweist, wird – und das muss man deutlich sagen – im schlimmsten Falle dann gar nicht entwickelt.

Und wenn ich mir die Anzahl der aktuell offenen Bebauungsplanverfahren anschaue, die Anzahl der Veränderungssperren für Gebiete, die darauf warten, dass wir sie endlich städteplanerisch beplanen, dann ist klar, dass wir hier so nicht sinnvoll vorankommen. Während wir insbesondere im Bereich der Stadtkernsanierung durch die verlängerten Fördermöglichkeiten weitere private Bauvorhaben ermöglichen konnten, die auf für alle Beteiligten faire Weise zahlreich zur Verschönerung des Stadtbildes beigetragen haben und noch beitragen, muss nun endlich auch bei den anderen Quartieren und Gebieten ein deutlicher Schritt nach vorne geschehen. Hier herrscht viel zu viel hausgemachter Stillstand!

Wohnraum allein ist überdies nur eine Seite der Medaille. Denn Wohnraum erzeugt durch die benötigte Infrastruktur, durch benötigte Kindertagesstätten, Schulen, Verkehrswege etc. Gemeinkosten. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, ist Markgröningen auf stabile Steuereinnahmen angewiesen – wir brauchen hierzu Arbeitsplätze und damit eine Wirtschaft, die sich in Markgröningen wohl fühlt und gerne bereit ist, den Standort in unserer Stadt zu erhalten und im besten Falle auszubauen. Gerade in Corona-Zeiten tragen wir Verantwortung, hierfür zu sorgen. Die Erhöhung der Einnahmen ist ein wesentlicher Schritt, die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt zu sichern. Dass dies gerade in Zeiten der Pandemie nicht einfach ist, sollte uns allen klar sein. Dennoch müssen wir attraktive Gewerbestandorte erhalten und schaffen – und hierbei spielt mittelfristig die richtige Planung eine entscheidende Rolle. Gewerbe zieht Verkehr an, und daher machen Gewerbegebiete eher im peripheren Bereich der Stadt mit guter Anbindung an regionale Verkehrswege Sinn als im Inneren des Stadtgebietes.

Zur Stadtentwicklung gehört auch das Thema der Bahnreaktivierung. Ich weiß, dass viele Bürgerinnen und Bürger die Hoffnung auf eine nun doch zügige Entwicklung dieses Themas und bald fahrende Züge zwischen Markgröningen und Ludwigsburg fast aufgegeben haben. Und angesichts der vielen Jahre des Wartens auf die Politik und auch der aktuellen weiterhin vorherrschenden Schwierigkeiten kann ich das auch gut verstehen.

Die Reaktivierung der Bahn – selbst des Vorlaufbetriebes zwischen Markgröningen und Ludwigsburg – hängt leider von der vollständigen Gesamtplanung ab, welche für die benötigten Fördermittel unerlässlich zu sein scheint. Ob der neu gegründete Zweckverband hier trotz allem für eine Beschleunigung sorgen und hierbei die Interessen aller beteiligter Kommunen vertreten kann, ohne dass erneut Stillstand eintritt, muss sich erst noch zeigen. Das durch die Aktivierung der Bahnstrecke entstehende Potential für Markgröningen sowohl im Bereich der Verkehrsentlastung als auch regionalplanerisch lässt mich als FDP-Vertreter auch weiterhin das Ziel des baldigen Bahnbetriebs mit Nachdruck bekräftigen.

Dies sind nur einige der Themen, die aktuell auf unserer Agenda stehen. Und in der Tat tun wir uns bei vielen dieser Punkte nicht unbedingt leicht – ganz unabhängig von Corona! Ich denke, das liegt zu einem großen Teil auch daran, dass wir an vielen Stellen schlicht „zu kurz“ denken.

Nehmen wir als Beispiel die geplante Verwaltungsunterbringung. Statt auf Basis des aktuellen Bestands das künftige Raumprogramm für Arbeitsplätze der Verwaltung abzuschätzen, sollten wir viel eher zunächst erörtern, wie denn in Zukunft die Arbeit der Verwaltung aussehen soll. Digitalisierung – im Rahmen derer aktuell der Glasfaserausbau für die Bewohner Unterriexingens bestens voranschreitet – ist mehr als die Ausstattung bestehender Arbeitsplätze mit neuen PCs oder das zeitweilige Home-Office. Wir sprechen hier vielmehr über digitale Aktenführung, digitale Verwaltungsangebote für Bürgerinnen und Bürger und echtes Home-Office mit Bedarf nach einem anderen, eher auf Zusammenarbeit ausgerichteten Raumprogramm in der Verwaltung. Kurz: Nicht die Frage „Wo werden unsere Büros sein“, sondern „Wie wird unsere Arbeit sein“ sollte im Fokus der Überlegungen stehen.

Ein weiteres Beispiel sind die Finanzen selbst. Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kürner, ein Satz im von der Stadt vorgelegten, vom Rat dann aber abgelehnten Antrag zur Erhöhung der Grundsteuer in einer der letzten Sitzungen hat mich in der Tat ein klein wenig verärgert. Die Bürgerinnen und Bürger sollen – so es nach Ihnen geht – ab nächstem Jahr nun auch einen kleinen Teil für die Bewältigung der finanziellen Probleme der Stadt beitragen. Nicht nur, dass die Pandemie für viele Menschen noch immer deutliche akute Probleme aufwirft, Verbraucherpreise und Mieten an allen Stellen steigen und die Grundsteuer eben nicht nur die Grundbesitzer, sondern auch beispielsweise alle Mieter trifft – ich halte es als Vertreter der FDP grundsätzlich für falsch, über Steuer- oder Gebührenerhöhungen – selbst wenn der Betrag für den Einzelnen nur symbolisch sein mag – zu diskutieren, solange die Stadt bei zahlreichen nicht optimal bearbeiteten Projekten unnötige Kosten nicht vermeiden kann. Hier sollten wir zunächst sprichwörtlich „vor der eigenen Türe kehren“, anstatt falsche Signale an unsere Bürgerschaft zu senden.

Auch die Herangehensweise bei der Quartiersentwicklung kann ich nicht immer gutheißen. So war vor kurzem beispielsweise das Vorgehen bei der Erarbeitung eines Bebauungsplanes voreilig, und im Nachgang entdeckte Problemstellen wurden dann durch Reduzierung der eigentlich gewünschten Planung umgangen. Allerdings heilt man keine Missstände, indem man neue schafft. Zeit geht meist weniger verloren, wenn man von Beginn an in einer sinnvollen Vorgehensweise Schritt für Schritt vorgeht, als später nachzubessern, nachzuverhandeln, nachfassen zu müssen. Gerade wenn mit der Quartiersentwicklung auch städtische Einrichtungen wie die eingangs erwähnten Kindertagesstätten verbunden sind, ist eine Bearbeitung „in falscher Reihenfolge“ in der Tat sogar richtig schädlich – zögert er doch Lösungen, die wir so dringend brauchen, über alle Maßen hinaus.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Verwaltungsmitarbeitende, liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen! Wir haben viel zu tun – aber lassen Sie uns positiv in die Zukunft schauen! Lassen Sie uns diese Themen in guter Zusammenarbeit konsensorientiert, engagiert und zum Wohle unserer Stadt angehen. Dass wir das können, haben wir schon gezeigt – und das sind wir unseren Bürgerinnen und Bürgern auch schuldig. Für künftige Herausforderungen wünsche ich mir von uns ein „Mindset“, eine Art des Denkens, bei der Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeit im Vordergrund stehen! Haben wir den Mut zu Veränderungen! Lassen wir es zu, dass sich unterschiedliche Meinungen stets zu einer guten Lösung ergänzen, statt das Vorankommen zu behindern.

In diesem Sinne möchte ich mich abschließend bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt für die stets engagierte Erfüllung ihrer Aufgaben sowie die gute Zusammenarbeit herzlich bedanken. Mein Dank gilt ebenso allen in unserer Stadt ehrenamtlich engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die in Vereinen und Einrichtungen aller Art für die Menschen dieser Stadt stets ihr Bestes geben. Haben Sie ein angenehmes Weihnachtsfest und vor allem – bleiben Sie gesund!

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