Das Urteil aus Karlsruhe – Hintergrund und Folgen

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der zweite Nachtragshaushalt der Ampel­koalition mit der Umwidmung von 60. Mrd. € aus dem Corona-Fonds in den Klima- und Trans­formationsfonds nicht zulässig war. Das ist eine Ohrfeige für die Ampelkoalition, keine Frage. Grundsätzlich stärkt das - so seltsam es klingt - die Position der Liberalen

Henning Wagner

Wie kam dieser 60 Mrd. €-Deal zustande? Nach der Bundestagswahl - Söder hatte aus verletz­ter Eitelkeit Laschets Wahlkampf torpediert - war die Union praktisch regierungsunfähig. Die einzige real mögliche Koalition war die Ampel. SPD, Grüne und FDP hatten sehr unter­schied­lichen Grundpositionen: Die Grünen wollten mit staatlichen Subventionen die von ihnen geprägte deutsche Klimapolitik voran-treiben; die SPD wollte neben der Klimapolitik die Sozialleistun-genmassiv aus­bauen. Dafür brauchte es viel Staatsgeld, wobei die Schuldenbremse störte. Die FDP wollte solide Finanzen inkl. der Schuldenbremse und ohne Steuererhöhungen. Wie sollten also die Ausgabenwünsche von Grün und SPD mit der restriktiven Finanzpolitik der FDP zusammen­gebracht werden? Man einigte sich auf einen 

letzten "kräftigen Schluck aus der Pulle", danach sollte die solide Finanzpolitik der FDP gelten. Also wurden 60 Mrd. € aus dem Corona- in den Klimafonds umgewidmet. Das Konzept der Umwidmung erarbeitete übrigens der damalige Finanzminister Scholz.

Nun kam wie erwähnt der Urteilsspruch aus Karlsruhe. Überraschend daran ist, wie eng er die Grenzen für die Finanzpolitik setzt. Das gilt übrigens nicht nur für den Bund, sondern auch für die Länder, auch die mit CDU-Regierung. Mit anderen Worten, die Bedeutung solider Staats­finan­zen und die Einhaltung der Schulden-bremse wurde massiv gestärkt, also die Position der FDP.

Über die Staatsverschuldung wird auch unter Ökonomen gestritten. Etliche mei­nen, man könne die staat-lichen Schulden erheblich ausweiten, praktisch ohne negative Folgen. Andere, wohl die Mehrheit unter den Ökono-men, meinen, dass die immer größere Staatsver­schuldung langfristig zu immer größeren Schwierig-keiten führt - und auch die Gerechtigkeit unter den Generationen massiv verletzt.

Was kann die Ampelkoalition jetzt machen? Die 60 Mrd. € stehen nicht mehr zur Verfügung. Sie wurden bislang nicht ausgegeben und der Haushalt für 2024 kann verabschiedet werden. Doch für die nächsten Jahre fehlt für viele geplante Projekte die Finanzierung. Einige fordern bereits, die Schuldenbremse abzuschaffen - das ist mit einer 2/3-Mehrheit möglich. Doch dies lehnt die FDP ab, und wohl auch die CDU/CSU. Die Ampel wird jetzt viele geplante Ausgaben auf den Prüfstand stellen und vieles nicht mehr machen oder anders machen. Und das ist definitiv gut so. Die deutsche Klima- und Energiepolitik wurde unter Kanzler Schröder von Grünen und grünen Sozialdemokraten planwirtschaftlich und technologiebeschränkt konstruiert und leider von den Regierungen Merkel - einer der kapitalen Fehler der Union - i. W. unverändert fortgeführt. Die deutsche Variante der Klimawende zeichnet sich dadurch aus, dass sie extrem teuer ist, aber sehr schwache Wirkungen herbeiführt. Dies wird belegt durch die hohen Energiekosten einerseits und den im internationalen Vergleich hohen CO2-Ausstoß/Einwohner andererseits. Wenn es da also eine Umkehr hin zu marktwirtschaft-lichen Instrumenten und Technologieoffenheit gibt, kann es nur positiv sein. Bundesfinanzminister Lindner formulierte es so: mit "weniger Geld wirksamere Politik" machen.

Interessant ist, dass aktuell die Koalitionspartner der FDP ihre Vorstellungen über die Zukunft äußern. Habeck preschte mit einem Konzept vor, das nicht abgestimmt war mit SPD und FDP. Das "Habeck-Papier" propagiert eine durch staatliche Vorgaben und Subventionen gelenkte Wirtschaft. Es ähnelt dem französischen Ansatz der "Planification", mit dem Frankreich seit Jahrzehnten daran scheitert, wirtschaftlich mit Deutschland gleich-zuziehen. Die SPD wiederum setzt im Leitantrag zu ihrem Bundesparteitag auf ihr "bewährtes" Konzept, auf rückläufige Umfragewerte mit der Ausweitung von Sozialausgaben zu antworten verbunden mit massiven Steuererhöhungen. Umso wichtiger ist es, dass die FDP solche Entwicklungen in der Ampelkoalition verhin-dert. 2025 werden dann die Wähler entscheiden, wohin die Reise geht.

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